Ode an den Apfel

Wie schon das Brot steckt auch der Apfel voller Symbolcharakter. Allen voran ist er der Grund für Adams und Evas Vertreibung aus dem Paradies. Der Zankapfel sozusagen, welcher wiederum auf die griechische Mythologie zurückgeht. Dort löste er im Streit um die schönste Göttin den Trojanischen Krieg aus. Wilhelm Tell schießt seinem Sohn einen Apfel vom Kopf, um seine Freiheit zu erlangen. In der Familie fällt er bekanntlich nicht weit vom Stamm. Doch das half Schneewittchen nicht, denn immerhin war es die Stiefmutter, die den Apfel vergiftet hat, an dem sie beinahe erstickte.

Abschied vom Sommer

Auch für mich hat der Apfel Symbolcharakter. Allerdings ganz pragmatisch und weniger metaphorisch. Die Apfelzeit läutet den Herbst ein. Ein Blick in unseren Garten genügt um zu erkennen, dass der Sommer auf dem Rückzug ist. Selbst wenn sich die Sonne gelegentlich durch die Wolken kämpft und mit überraschender Intensität die kühle, irische Luft erwärmt. Es ist zu spät! Die Zeit ist gekommen sich damit abzufinden, dass die langen, sonnigen Tage der Vergangenheit angehören. Nun wird es ein paar Monate dauern, bis das Barfußlaufen im Gras wieder angenehm ist. Das geräuschintensive Badevergnügen im Planschbecken liegt erst wenige Wochen zurück und dennoch scheint es wie aus einer anderen Welt.

Den Herbst willkommen heißen

Ich brauche jedes Mal ein paar Tage um mich an den Gedanken zu gewöhnen, dass der Sommer vorüber ist. Daran, dass die Tage beinahe schlagartig wieder kürzer und kühler werden. Obwohl es ein Prozess ist, gibt es jedes Jahr einen Moment, in dem ich unweigerlich realisiere, dass es Herbst wird. Gedanklich halte ich inne und betrauere das Scheiden des Sommers. Erst dann kann ich die neue und ebenso herrliche Jahreszeit mit all ihren Schönheiten willkommen heißen.

Herbstvergnügen

Eine dieser Schönheiten sind für mich die Äpfel. Wie sie rund und mit roten Wangen an den niedrigen Bäumen hängen. Die Äste biegen sich unter ihrer Last und warten darauf von ihr befreit zu werden. Die ersten Herbstwinde tun ihr Übriges, zerren und rütteln an den voll bepackten Zweigen.

Vom mühseligen Aufsammeln der nicht immer ganz perfekten, grünen Früchte im elterlichen Garten, schweifen meine Erinnerungen zu anderen herbstlichen Vergnügen aus Kindheitstagen. Dem Kastanien und Eicheln sammeln, um daraus mit Streichhölzern lustige Männchen zu basteln. Zum Drachensteigen lassen auf den flachen, weiten Wiesen am Elbufer und das Geräusch, das es macht, wenn der Wind die rautenförmigen Papierfratzen umherwirbelt. Fröstelnd nach Hause zu kommen, nachdem man den ganzen Nachmittag im Freien verbracht hat und nach frischer Luft riecht. Sich dann mit einem heißen Kakao vor‘s Fenster zu setzen und zu beobachten wie es erst sacht und dann immer heftiger zu regnen beginnt.

Vom Garten in die Küche

Der Herbst ist schön und ich freue mich, dass er da ist. Genauso wie ich das Ende des Sommers bedauert habe, wird es mir schwerfallen ihn gehen zu lassen, wenn es so weit ist. Umso mehr werde ich ihn jetzt genießen. Mit allem was dazu gehört: Matschwetter Tee, Kürbiskuchen und Pflaumenmarmelade. Und natürlich seinen süßen und sauren Äpfeln, die ich zu einem herbstlichen Apfel-Pflaumen-Chutney verarbeitet habe.

 

Text: Sylvia Payne, 2021.
Illustration: Line Grube, ”Apfelernte“, Buntpapierkollage  2021.

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4 Gedanken zu „Ode an den Apfel

  1. Hallo,
    lange nichts mehr von Euch gehört.
    So, jetzt einmal ein paar Worte zum Herbst, für mich die schönste Jahreszeit solange der Wald sich in allen Farben zeigt. Geht aber auch vorbei 🙁
    Zum Trost , am 21. Dezember um 16:59 Uhr ist Winteranfang. Dann haben wir die längste Nacht und den kürzesten Tag, heißt aber auch, das die Tage wieder länger werden. Also nicht verzagen, der Sommer ist nicht mehr fern.
    Was noch zum Apfel zu sagen wäre : „An apple a day keeps the doctor away“ „ein Apfel pro Tag hält den Doktor fern“ . Na ja, die Wirkung wird wohl in Frage gestellt. Ich denke aber, schaden kanns nichts !
    Zum ersten Mal nachweisbar tauchte dieses Sprichwort 1866 in einer walisischen Zeitschrift auf ( Wikipedia )
    Auch die kulinarischen Köstlichkeiten die uns der Apfel bereitet ist nicht von schlechten Eltern. Frischen “ Appeltratsch “ ( saarländisch ) ohne Zucker selbst gemacht, morgens mit Butter und einem frischen Brötchen zum Frühstück, lecker und wenn man die Butter weg lässt noch kalorienarm !
    Nun denn, freue mich auf den nächsten Blog !

    1. Lieber Thomas, vielen Dank für Deine detaillierten Ausführungen zum Apfel :-). Ist Apfeltratsch sowas was man in anderen Gegenden Apfelmus nennt? Das mag ich nämlich auch sehr gern. Allerdings auf’s Brot habe ich es noch nicht probiert.
      Unser neuer Beitrag ist übrigens vorhin schon online gegangen. Muss sich gerade mit Deinem Kommentar überschnitten haben. Dieses Mal hat ihn aber Line ganz alleine gemacht und auch das Rezept. Wir sind gespannt auf Deine Kommentare!

    2. Achso, und einen Herbstsuppen-Beitrag gab es zwischendrin auch noch! Im dazugehörigen Blogbeitrag habe ich mich als „Fernsehschnulzen-Guckerin“ geoutet ;-). Schon gelesen? Meinem Papa hat die Suppe übrigens sehr gut geschmeckt!

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