Denglisch - Buchstabensalat

Denglisch – Buchstabensalat To Go

„Meine Oma früher: Schnippelte Obst in eine Schüssel und nennt es Obstsalat. Influencer heute: Schnippelt Obst in eine Schüssel, nennt es vegane, laktosefreie Fruit Bowl und preist das innovative Rezeptbuch dazu für €16,95 an.“

Dieses Paradebeispiel für „Denglisch“, das Untermischen englischer Begriffe in die deutsche Sprache, fand ich kürzlich in den sozialen Medien. In erster Linie hat es mich köstlich amüsiert, aber auch zu diesem Blogartikel angeregt. Inzwischen ist es ja schon normal geworden, dass sich immer mehr englische Wörter in den alltäglichen deutschen Sprachgebrauch einschleichen, damit alles etwas fancier klingt. Manchmal veranlasst mich Denglisch aber noch zum Kopfschütteln und ich denke For real jetzt?.

Dass Handy im englischen nicht Mobiltelefon, sondern praktisch bedeutet, dürfte mittlerweile auch der älteren Generation geläufig sein. Oder dass man beim public viewing im englischsprachigen Raum kein Fußballspiel auf einer großen Leinwand, sondern einen aufgebahrten Verstorbenen gezeigt bekommt.

Sprachliche Fettnäpfchen

Auch ich trete nach über 8 Jahren in Irland ab und zu noch in ein sprachliches Fettnäpfchen. Meist dann, wenn es um Begriffe geht, die man selbstverständlich für Englisch hält oder einfach wortwörtlich übersetzt. So habe ich zum Beispiel erst kürzlich gelernt, dass man zu einer Käppi-Mütze eben nicht Basecap, sondern Baseballcap sagt, weil es sonst für einen Muttersprachler wenig Sinn ergibt. Schließlich hat sie ihren Ursprung im gleichnamigen Sport und nicht im Wort Grundlage was base eben auf Englisch bedeutet.

Wenn ich davon sprach, dass unser family planning abgeschlossen sei und damit meinte, dass wir nicht mehr als zwei Kinder wollten, erntete ich überraschte Blicke . Zwar war ich mit dem Begriff nicht gänzlich auf dem Holzweg, aber family planning bezieht sich in Irland in erster Linie auf das Thema Verhütung, die bei uns demnach ja erst anfing.

Die Muttersprache bleibt

Während ich stolz auf mein ansonsten fließendes Englisch bin, war ich neulich genauso geschmeichelt, als mir eine Deutsche positiv anrechnete, dass ich keine englischen Begriffe unter meine deutschen Sätze mische. Also kein Denglisch spreche. Obwohl ich gelegentlich Wortfindungsstörungen habe – gerade wenn es um Themen geht, mit denen ich erst in Irland konfrontiert wurde, wie einige medizinische Begriffe oder Religiöses – kann ich nach wie vor einwandfrei in meiner Muttersprache kommunizieren. Mir fällt es schwer zu glauben, dass das bei manchen im Ausland lebenden Deutschen nur noch auf Denglisch funktioniert.

Deutsch ist so uncool!

Oft ist mir gar nicht bewusst, wie viele Begriffe sich inzwischen eingedeutscht haben und kaum noch jemand ihr deutsches Pendant verwendet. Dabei ist die deutsche Sprache um einiges vielfältiger als die englische. Und trotzdem mopsen wir uns ständig neue Begriffe aus dem Englischen – warum eigentlich?

Warum trifft sich niemand mehr zum späten Frühstück, sondern geht brunchen? Keiner möchte mehr eine Verabredung haben, sondern lieber ein Date oder Meeting. Der Coffee-to-go ist so viel einfacher auszusprechen als der zum Mitnehmen. In einer coolen Location wählt man lieber zwischen Fast Food, Slow Food, Clean Food und Soul Food als Hausmannskost zu bestellen. Auch für Vegan Food hat man inzwischen ein Feeling. Beim Relaxen auf der Couch gibt es Comfort Food und Snacks, während man mal eben seine Emails checkt, einen Video Call macht bzw. Face timed. Natürlich im stylischen Schlabber-Look.

In der Corona-Pandemie mussten ohnehin jede Menge neuer Wörter erfunden werden, warum dann nicht gleich abkupfern. Schließlich kann sich jeder denken was mit social distancing und lockdown gemeint ist. Eine größere sprachliche Herausforderung stellen mitunter die Superspreader Events und Corona Hotspots dar. Aber bei der überwiegend geboosterten Bevölkerung längst kein Problem mehr.

Denglisch – Die Königsdisziplin

Damit wären wir auch schon bei meinen denglischen Favoriten – englische Wörter mit angehängten deutschen Wortteilen oder Endungen. Bei meinen Kindern lasse ich sie noch durchgehen, weil sie die Sprache gerade erst lernen und zweisprachig aufwachsen. Aber wenn jemand zu mir sagt, dass er  ge-ghosted wurde, mich bei Facebook taggen will oder dringend abchillen muss, stellen sich bei mir die Nackenhaare auf.

Jede für sich

Auch auf die Gefahr hin, dass ich altmodisch klinge und bei der Generation Z wahrscheinlich keinen Anklang für das Verfechten der deutschen Sprache finde –  mir gefällt sie! Ebenso wie die englische, unter anderem deswegen lebe ich in Irland. Aber beide zu einem Kauderwelsch zusammen gemixt – no, thank you!

Deshalb heißt die vegane, laktosefreie Fruit Bowl bei mir nach wie vor Obstsalat. Und Omas leckere Haferplätzchen werden nicht zum Healthy Nutrition Energy Riegel.  In Irland heißen diese – leicht abgewandelt – Flapjacks und unser köstliches Rezept dazu findet ihr hier.

 

Titelbild: Line Grube, „Buchstaben und andere Salate“, Buntpapierkollage, 2022
Text: Sylvia Payne, 2022

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