Brot "Illustration Landschaft"

Brot(lose) Kunst – Was kommt wo auf‘s Butterbrot?

„Das ist eine brotlose Kunst“, sagen wir wenn etwas keine Aussicht auf Erfolg hat. „Sein täglich Brot verdienen“, steht symbolisch für den Lebensunterhalt. Im Märchen werden Hänsel und Gretel vom Vater und der Stiefmutter in den Wald geschickt, weil sie so arm sind, dass sie nicht einmal mehr Brot zu essen haben. Brot – die Existenzgrundlage, nicht nur in Märchen und Sagen. Symbol für das Leben. In der Bibel sogar wortwörtlich, wenn das Brot zum Laib Christi wird.

Brotbacken im Wandel

Heutzutage geht es in der westlichen Welt längst nicht mehr darum Brot zum Überleben zu haben. Vielmehr soll es schmecken. Brot ist mehr als ein Grundnahrungsmittel für die Armen – es ist zur Kunst avanciert. Überall bieten sogenannte „Artisan Bakeries“ handgemachte Brote mit erlesenen Zutaten an. Was wie ein neuer Trend erscheint ist gleichzeitig die Rückbesinnung auf das Ursprüngliche. Je natürlicher, desto besser. Handgebacken und unter der Verwendung alter Getreidesorten gehen täglich mehr und mehr frische Brote über die Ladentheke.

Auch in Irland hat das Brot einen weiten Entwicklungsweg hinter sich. Während mir bei meinem ersten Besuch 2008 lediglich abgepacktes Weißbrot und das typische Buttermilch-Sodabrot auffielen, gibt es inzwischen auch auf der Insel zahlreiche Kleinbäckereien mit hochwertigen, „kunstvollen“ Broten.

Hobbybäckerin aus Leidenschaft

Für mich kamen die Bäckereien wohl einen Ticken zu spät. Denn ich habe mich schon seit längerem selber dem Brotbacken verschrieben. Während ich anfangs lediglich das ein oder andere Rezept ausprobierte, um etwas Abwechslung zu haben, kommen mir inzwischen keine gekauften Teigwaren mehr ins Haus. Als ich vergangenen Sommer meine erste Sauerteigkultur bekam, war es vollends um mich geschehen. Nun bin ich Hobbybäckerin aus Leidenschaft.

Die Deutschen und ihr Brot

Vielleicht liegt es uns Deutschen im Blut – die Leidenschaft für‘s Brot und der hohe Anspruch an das beliebteste deutsche Grundnahrungsmittel (Stand 2016, Quelle: Statista). Und damit keine Langeweile aufkommt gibt es in Deutschland über 3000 registrierte Brotsorten (Quelle: Brotinstitut). Kann man bei solch einer Vielfalt überhaupt von einem typisch deutschen Brot sprechen? Eines scheinen die meisten davon jedoch gemeinsam zu haben – den legendären Sauerteig. Und noch etwas ist typisch deutsch – die eindeutige und systematische Klassifizierung in Weizen-, Roggen- oder Mischbrot je nach Getreideanteil (Quelle: „Bread on the Table“ von David Norman, erschienen 2019 in den USA bei Ten Speed Press).

Irischer Brotimport

Sucht man nach einem typisch irischen Brot, begegnet man mit großer Wahrscheinlichkeit zuerst dem Irish Soda Bread. Ein vergleichsweise dunkles, krümeliges Brot mit einem eigenartigen Beigeschmack, den ich nicht beschreiben kann. Als ich es das erste Mal probierte, war ich begeistert. Bei der Vielfalt an deutschen Brotsorten überraschte es mich etwas gefunden zu haben, das sich doch so stark von allem unterschied, was ich je an Brot probiert hatte. Von da an fand auf meinen Rückreisen von Irland (bevor ich auswanderte) immer ein kleines Sodabrot Platz im Handgepäck. Seit ich in Irland lebe, halten sich Soda und Sauerteig bei meinen Rezepten die Waage.

Was kommt auf's Brot?

Die Schweden mögen‘s süß

Auch in Schweden gibt es eine klare Einteilung des Brotes und zwar in Matbröd und Kaffebröd.  Matbröd heißt wortwörtlich übersetzt „Essensbrot“ und ist sozusagen zum Sattwerden gedacht. Auf der anderen Seite steht das Kaffebröd, das – wie der Name schon sagt – auf die Kaffeetafel kommt und eher Kuchen bzw. Gebäck gleicht. Nicht zu vergessen Schwedens „Klischeebrot“, was zumindest wir Deutschen für typisch schwedisch halten – das knäckebröd. Außerdem finden Gewürze wie Fenchel, Anis und Koriander oft ihren Weg in das schwedische Brot. Als fertiges Brotgewürz heißen sie Brödkryddor. Die Süße kommt meist von Zuckerrüben, was noch aus Kriegszeiten herrührt. Diese wurden seinerzeit zum Strecken des Brotteigs verwendet als das Mehl knapp war. In Sachen Sauerteig stehen die Schweden den Deutschen in nichts nach.

Was kommt denn nun auf‘s Brot?

Ganz klar gehört auf ein deutsches Butterbrot – regional auch Stulle, Schnitte oder Bemme genannt – erst einmal Butter. Obendrauf gibt es bei den Deutschen am liebsten Schnitt- oder Weichkäse. Ganz dicht folgt die Marmelade, der Deutschen liebster Brotaufstrich. Den Platz 2 der Top-Brotbeläge teilt sich die Marmelade mit der Scheibe Wurst, welche ebenso viele Deutsche auf ihrem Brot mögen (62%). (Umfrage von 2014, Quelle: horizont.)

Die Zutaten für das klassische, irische Sandwich weichen nicht allzu stark von den deutschen ab. Auf den Sandwich-Favoriten der Iren kommen Kochschinken und Käse (Cheddar). Goldbraun getoastet zwischen zwei Scheiben aus zumeist weißem Brot gilt es als das beliebteste „Comfort Food“. Außen mit Mayonnaise bestrichen gibt es eine besonders schmackhafte Kruste. Damit gehört es allerdings nicht gerade zu den gesündesten Snack-Varianten. (Quelle: Irish Times,  Nov. 2020.)

In Schweden besteht ein „Sandwich“ nur aus einer Scheibe Brot und wird smörgås genannt. Das geht bis auf das 15. Jahrhundert zurück als die Brotunterlage quasi den Teller ersetzte. Der König unter den belegten Butterbroten, zumindest an Schwedens Küste, ist das Krabbensandwich – das räksmörgås. Meist auf Roggen- oder Vollkornbrot stapelt sich hier eine ganze Mahlzeit, bestehend aus Ei, Salat, Tomate, Gurke und natürlich Krabben. Den krönenden Abschluss bildet etwas Creme fraÎche mit Dill und Kaviar.

Die Abgründe des Butterbrotes

Obige Varianten lassen mir eigentlich alle das Wasser im Mund zusammen laufen. Eine Scheibe frisches Sauerteigbrot vom deutschen Handwerksbäcker, dick mit Butter bestrichen und einer deftigen Wurst. Auch die getoastete irische Variation mit geschmolzenem Käse geht für mich immer. Das schwedische Krabbensandwich ist definitiv der gesunde Sieger!

Doch in allen drei Ländern gibt es auch Sandwich-Kompositionen, die für den Durchschnittsgaumen wohl eher gewöhnungsbedürftig erscheinen.

Der deutsche Sandwich-Turn-Off

Wenn ich meinen Mann, der mal einen Sommer lang in Deutschland verbracht hat, frage was er an meinem Heimatland so gar nicht mochte, ist eines davon garantiert Sülze (Fleisch in Aspik). Für ihn eine der ekelhaftesten Sachen, die er je auf‘s Brot bekam. Während ich seine Meinung vom optischen Standpunkt her teile, finde ich Sülze geschmacklich nicht ganz so furchtbar. Zu meinen Lieblingsbrotbelägen gehört sie allerdings auch nicht.

Irlands Zwei-Beilagen Snack

Ich wiederum kann absolut nicht verstehen, wie sich ein irisches Chip Butty (Butterbrot mit Pommes) jemals zu einem akzeptablen Sandwich durchsetzen konnte. Nie würde ich auf die Idee kommen lediglich zwei Beilagen zu einer Mahlzeit zu kombinieren. Doch genau das ist der Fall: ein möglichst ungesundes Brot (weiß, weich, keine Körner) belegt mit blassen, latschigen Pommes, gewälzt in Essig, mit Butter zum Abschluss (Quelle: Irish Times, August 2020).

Ungewöhnliche Knäckebrot-Pizza

Die Schweden bekommen zunächst einmal wieder einen Bonus für Komplexität und Einfallsreichtum. Eigentlich fällt die Knäckebrot-Pizza für mich eher unter außergewöhnlich als unter nicht schmackhaft. Genau wie bei einer normalen Pizza kommen verschiedene Zutaten auf eine große, runde – in diesem Fall – Knäckebrotscheibe. So gibt es zum Beispiel die Variante mit Schinkenspeck und Spinat. Oder eine griechische Version mit Feta und Tomaten. Im Ofen gebacken fällt sie nur noch bedingt in die „Butterbrot-Kategorie“ (Quelle: Leksand Knäckebröd).

Brot mit Butter

Gewagte Dreiländer-Kombi

Auf unseren Brotbeitrag bei Hering im Stew habe ich mich ganz besonders gefreut. Brotbacken ist einfach m e i n Ding! Gleichzeitig war es eine Herausforderung das in meinen Augen perfekte Brot zu kreieren und dem Broterbe unserer drei Länder gerecht zu werden. Ich denke es ist mir gelungen. Wie ich Deutschland, Irland und Schweden in nur einem Brotrezept untergebracht habe, erfahrt ihr hier.

 

Text: Sylvia Payne, 2021
Illustration: Line Grube, ”Sommerfelder“ Acryl auf Papier, 2012.
Foto 1: Line Grube, „Blick auf die irische Landschaft bei Abreise“, 2018.
Foto 2: Line Grube, „Irische Wochen beim schwedischen Lidl“, 2020.

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2 Gedanken zu „Brot(lose) Kunst – Was kommt wo auf‘s Butterbrot?

  1. Hallo,
    es ist Dir gelungen !!
    Auf meiner Agenda steht jetzt auch die Zubereitung des irischen Sodabrotes mit Golden Hills Butter ! ( gibt es bei Lidl ) aus Butterbrot.
    Bin gespannt was sich daraus ergibt.
    Auch interessant die Verknüpfung nach Schweden.
    So bin auch gespannt auf Schinkenspeck und Spinat, Butterbrot mit Pommes ????, aber auch auf Sülze, eine abwechslungsreiche Variante zu Wurst und Käse.
    War sehr interessant die Beiträge zu studieren.
    Gruß
    Thomas

    1. Hallo Thomas, na super, das freut mich sehr! Da haben wir ja bei Dir anscheinend genau den richtigen Nerv getroffen. Berichte bitte vom Ergebnis! Die nächsten Beiträge sind schon in Arbeit. Hoffentlich können wir Dich damit genauso begeistern. Bleib auf jeden Fall dran ;-)!

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